Ein Monat mit der “Smartphone-Bank” Number26 [Update]

Fast unbemerkt führte die Stadtsparkasse München, bei der ich die letzten Jahre zufriedener Kunde war, auch für Studenten eine Kontoführungsgebühr von 1,25 € monatlich, also 15 € pro Jahr, ein. Natürlich ist das jetzt nicht die Welt, aber dennoch Anlass für mich, sich einmal ein paar Alternativen anzuschauen. Eine ist zum Beispiel die Online-Bank Number26 (N26)!

Unbedingt Updates beachten!

Gerade für junge Leute kann ich diese Gebühren wirklich nicht nachvollziehen. Im Allgemeinen werden sie durch die “umfangreiche persönliche Beratung in Ihrer Nähe” begründet. Aber wie groß mag der Anteil der Studenten sein, der in diesem Lebensabschnitt bereits über langfristige und größere Geldanlagen oder Kredite nachdenkt, die eine persönliche Beratung erforderlich machen würden? Mich persönlich haben da eher die gelegentlichen Anrufe eines Bankberaters genervt, der mir irgendeine tolle Möglichkeit erklären wollte, wie ich mein Geld sinnvoll anlegen könnte. Nur weil ich beispielsweise in ein paar Monaten durch selbstständige Nebentätigkeiten einen etwas höheren Geldeingang auf meinem Konto vorweisen konnte.

Das soll mein Konto bieten

In erster Linie benötige ich ein Konto, mit dem ich an möglichst vielen Geldautomaten kostenlos Bargeld abheben kann. Zusätzlich muss es mindestens komfortables Online-Banking bieten und sollte nach Möglichkeit eine kostenlose Kreditkarte bereitstellen, um Onlineeinkäufe schnell abwickeln zu können.

Da ich Medieninformatik studiere und generell Startups gegenüber sehr interessiert und aufgeschlossen bin, dachte ich schnell an das Fintech-Startup Number26 aus Berlin. Die größten Vorteile sind schnell zusammengefasst: keine Kontoführungsgebühren, kostenlose Kreditkarte, weltweit kostenloses Abheben an MasterCard- oder Maestro-Automaten. Da auch eine Kündigung jederzeit möglich ist, hat man nichts zu verlieren.

Kontoeröffnung am Küchentisch in einer Viertelstunde

Schon bei der Kontoeröffnung zeigt sich Number26 als sehr fortschrittlich: Die erste Registrierung erfolgt am Computer oder direkt in der App. Dafür sind nur persönliche Daten, wie Name, Geburtsdatum und Kontaktdaten erforderlich. Direkt nach der Eingabe bekommt man die Geschäftsbedingungen und Konditionen nochmals per Mail zugeschickt, die man bestätigen muss. Als nächstes ist die persönliche Identifikation erforderlich. Diese ist entweder per PostIdent oder VideoIdent (über die App oder auf der Online-Banking Plattform) möglich. Zu empfehlen ist hier die App, da das Bild meist bessere Qualität aufweist oder sich Lichtverhältnisse, Schatten und Spiegelungen besser ausgleichen lassen. Während des Identifizierungsprozesses werden die Daten mündlich erneut abgeglichen und der Ausweis von beiden Seiten abfotografiert. Hierbei werden auch die Sicherheitsmerkmale durch Kippen des Ausweises in horizontaler und vertikaler Richtung geprüft. Als letzter Check wird noch ein Code per SMS an die angegebene Handynummer geschickt, den man noch während des Videochats eingeben muss. Nur einige Minuten später ist die Identifizierung auch schon erledigt und wird per Mail final bestätigt. Ab sofort ist das Konto eigentlich schon einsatzbereit. Man kann die App bereits nutzen und Überweisungen an die neue IBAN-Nummer empfangen.

Nach der erfolgreichen Kontoeröffnung wird einem die MasterCard-Kreditkarte bereits innerhalb von 2-3 Werktagen zugestellt, was bei mir genau so der Fall war. Die Maestro-EC-Karte kann bestellt werden, sobald man mindestens 100 € Guthaben auf dem Konto eingezahlt hat.

Einige der Einstellungsmöglichkeiten in der App

Kontoverwaltung über die App

Die Konfiguration und Verwaltung des Kontos ist denkbar einfach! Alle Einstellungen von der Aktivierung oder Sperrung von Karten über die Festlegung von Kartenlimits bis zur PIN-Vergabe und -Änderung werden über die App oder das Online Portal vorgenommen. In der Anfangsphase war ich wirklich überrascht, dass es so einfach und problemlos funktioniert, doch dann fragt man sich, warum es nicht immer schon so war. Nachdem ich meine MasterCard erhalten habe, aktivierte ich sie direkt mit der eingeprägten Nummer und einer frei wählbaren PIN und hob eine halbe Stunde später in der Stadt Geld damit ab.

Kostenloses Abheben im Härtetest

Mit beiden Karten ist das Abheben von Bargeld auf der ganzen Welt kostenlos, sobald der Automat MasterCard oder Maestro akzeptiert. Bei einigen privaten Automaten können zwar Kosten anfallen, doch in diesem Fall wird man rechtzeitig informiert und kann den Vorgang kostenfrei abbrechen.

Ab sofort keine Angst mehr vor unabhängigen Geldautomaten
Ab sofort keine Angst mehr vor unabhängigen Geldautomaten

Jeder ist bestimmt schon einmal an diesen ominösen Geldautomaten vorbei gelaufen, die einzeln und verloren irgendwo an einer Straßenecke stehen. Jeder normale Bankkunde macht um diese Automaten sicher immer einen großen Bogen – doch ich wollte es nun wissen! Ist das Abheben wirklich überall kostenlos? Ja! Ich konnte in den vier letzten Wochen bisher keinen Automaten finden, an dem mir Gebühren für das Abheben angefallen wären.

Notifications!

Notifications sind eins der Kernfeatures von Number26. Die Bank bezeichnet sich als “Echtzeit-Bank” und das nicht zu Unrecht: Hebt man Geld ab, bekommt man noch bevor man das Geld in der Hand hält, eine Notification über den Abhebevorgang. Genauso passiert es beim Bezahlen oder bei einem Geldeingang.

Doch ein Nachteil entsteht durch die Echtzeit-Buchungen: Bei Kreditkartenzahlungen ist es oft üblich, dass ein gewisser Betrag als Sicherheit auf der Karte gesperrt wird. Im Falle von Number26 ist er dann auch real nicht mehr verfügbar, bis der Verkäufer ihn wieder freigibt oder er nach spätestens 7-10 Tagen automatisch storniert wird. Meist sind es nur kleine Cent- oder Eurobeträge, doch bei Sperrbeträgen, wie etwa einer Mietwagenkaution, stelle ich mir das Problem etwas größer vor.

Überweisungen mit Number26
Übersicht der letzten Transaktionen und Freigabe einer Überweisung durch Überweisungs-PIN

Was kann das Konto noch?

Weitere Features sind Überweisungen und Daueraufträge direkt über die App mit eigener PIN, Sofortüberweisungen an andere Number26-Kunden mit “Moneybeam” (ähnlich wie PayPal), automatische Kategoriesierung und Übersicht der unterschiedlichen Ausgaben und Einnahmen und NFC-Zahlung an vielen Zahlungsgeräten. Sogar auf das Einzahlen von Bargeld auf das Konto muss man nicht verzichten. Number26 hat ein Partnernetz an Geschäften, das immer weiter ausgebaut wird (bisher z.B. REWE, Penny, real). Hier muss der Einzahlungsbetrag in der App eingegeben werden, die App generiert einen Barcode, den der Kassierer einscannt und das war’s. Eine Notification bestätigt wieder direkt den erfolgreichen Geldeingang. Das Einzahlen ist bis zu einem Betrag von 100€ im Kalendermonat kostenlos, danach werden 1,5% Gebühren berechnet.

Ein weiterer wichtiger Faktor, der für Number26 spricht, ist die Zugehörigkeit zur Wirecard Bank aus Aschheim bei München. Das bedeutet, dass die Einlagen nach EU-Recht, wie bei jeder anderen Bank, bis 100.000 € gesichert sind.

Mein Fazit nach einem Monat mit Number26

Ich bin voll und ganz überzeugt! In den letzten vier Wochen hatte ich keinerlei Probleme mit Abhebungen oder Kartenzahlungen. Der einzige Nachteil, der mir aufgefallen ist, ist die sofortige Belastung von Kreditkartenbeträgen. Doch wenn man darauf vorbereitet ist, sehe ich es als nicht so schlimm an. In Zukunft werde ich dieses Konto als Primärkonto verwenden und mein altes bei der Stadtsparkasse kündigen. Die Kündigung übernimmt Number26 auf Wunsch sogar auch!

Jedem, der gerne gut designte Apps verwendet und keinen persönlichen Bankberater benötigt, kann ich Number26 also nur weiterempfehlen! Bitte Updates und überarbeitetes Fazit beachten!

Updates

2. Juni 2016: Im Mai trat Number26 überraschend eine kleine Kündigungswelle los. Einigen hundert Kunden wurde ohne Angabe eines Grundes das Konto mit einer zweimonatigen Frist gekündigt! Im Netz verbreiteten sich sofort unterschiedliche Theorien: Eine lautet, dass Kunden, die zu viel Geld am Automaten abheben, gekündigt wurden, eine andere, dass Kunden mit schlechtem Schufa-Scoring nicht mehr erwünscht waren. Der Skandal dürfte einen immensen Image-Schaden nach sich ziehen. Gerade befand sich das Berliner Startup in einer sehr starken Wachstumsphase und wollte in naher Zukunft weitere Investitionen einsammeln. Jetzt sind viele Kunden – mich eingeschlossen – verunsichert! Ich würde mir wünschen, dass Number26 zeitnah eine plausible Erklärung zu den Kündigungen abgibt. Bis dahin muss man wohl mit dem unangenehmen Gefühl leben… (Quelle: gruenderszene.de)

5. Juni 2016: Heute wurde endlich eine ausführlichere Stellungnahme zu den kürzlichen Kündigungen veröffentlicht: „Wir entschuldigen uns bei allen betroffenen Kunden, […] nicht offener und aktiver kommuniziert zu haben“, heißt es in der Mitteilung vom Samstagabend. Number26 geht außerdem auf die Kunden zu und bietet an: „Wir werden auf Wunsch auch jeden individuellen Fall nochmals prüfen und gegebenenfalls weiterhin ein Konto zur Verfügung stellen.“ Die Spekulation, dass zu viele Bargeld-Abhebungen ein Grund für Kündigungen war, bestätigte sich: „Hier geht es insbesondere um Kunden, die ihr Number26 Konto außer für sehr häufige Bargeldabhebungen nur wenig verwendet haben. Im Durchschnitt sprechen wir von rund 15 Abhebungen pro Monat, teilweise auch über 30, über mehrere Monate hinweg“. Die Gebühren für das Abheben am Geldautomat seien für das Unternehmen in Deutschland besonders hoch. So schlagen hierfür zwischen 1,50 € und 2 € zu buche. (vollständige Pressemitteilung)

Nun also doch Abhebungsgebühren!

7. Juli 2016: Nun ist es soweit, die “Fair-Use Policy” wurde vorgestellt und wird in zwei Monaten, am 7. September 2016, in Kraft treten. Mit ihr gibt dann einen neuen Faktor, den man ständig im Kopf behalten muss – und zwar beim Geld abheben! Beim Abheben an einem der Partner-Einzelhändlern bleibt das auch in Zukunft in beliebiger Häufigkeit gratis. Doch sonst wird nach der dritten, bzw. fünften, Abhebung eine Gebühr von 2€ fällig, je nachdem, ob man sein Konto als Hauptkonto verwendet. Als Hauptkonto wird das Konto angesehen, wenn man zum Beispiel einen monatlich Geldeingang von über 1000 € vorweisen kann oder unter 26 Jahre alt ist. Die möglichen Gebühren betreffen allerdings nur innerhalb Deutschlands. Im Ausland sind die Kosten für die Banken geringer, weshalb das Abheben dort kostenlos bleibt. Genau erklärt wird Dir das in diesem Blog-Beitrag von Number26.

21. Juli 2016: Heute gab Number26, die sich in Zukunft nur noch N26 nennt, offiziell bekannt, nun über eine eigene Bankenlizenz der Europäischen Zentralbank zu verfügen. Damit wird es N26 in Zukunft möglich sein, sein Angebot deutlich auszuweiten und zusätzlich Vermögens- und Kapitalanlagen, Kreditvergabe und Versicherungen anbieten zu können. Wie genau sich die Bank nun aufstellen wird, soll im September verkündet werden.

Überarbeitetes Fazit

N26 bleibt für mich durch seine Echtzeitinformationen, die App und weiteren Vorteilen immer noch eine gute Alternative zu etablierten Bankhäusern, doch ganz so uneingeschränkt wie zuvor mag ich das Fintech nun nicht mehr loben. Das zunächst perfekte Konto war einfach zu schön, um wahr zu sein. Nun ist N26 leider auch “nur noch” eine Bank mit ihren eigenen Vor- und Nachteilen, die jeder selbst abwägen muss. Als Reisekonto taugt es aber definitiv sehr!

 

>> weitere Informationen zu Number26
>> Download der Number26 App (AppStore, Google Play)