Doha – Ein zwie­ge­spal­tenes Gefühl

Auf der einen Seite beeindruckt einen die Größe und der Su­per­la­ti­vis­mus der Stadt, beziehungsweise des gesamten Emirats, auf der anderen Seite bleibt durch die negativen Schlagzeilen und alltäglichen Zustände für die vielen Gastarbeiter ein mulmiges Gefühl zurück, das die Stimmung drückt.

Layover in Doha

Auf der Reise zum Kilimanjaro mit Qatar Airways war ein Umstieg an deren Hauptflughafen, dem “Hamad International Airport” in Doha, geplant. Durch mehrfache Flugplanänderungen wurde uns schließlich eine Übernachtung in Doha angeboten, die wir dankend annahmen.

Schon bei der Ankunft am Flughafen, der 2014, erst ein Jahr vor unserer Reise, eröffnet wurde, überwältigte uns die Größe des Areals. Das gesamte Gelände wurde für etwa 11 Milliarden US-Dollar auf einer 8,9 Quadratkilometer großen Fläche erbaut, die künstlich in den Persischen Golf aufgeschüttet wurde. Die Notwendigkeit für die Aufschüttung besteht durch die Temperaturen im Sommer, die auf bis zu 50 °C ansteigen können. Unter diesen Umständen reduziert sich die Leistung der Flugzeugtriebwerke. Außerdem verringert die Bauweise im Meer die Lärmbelästigung für die Stadt. Bei dem üppigen Budget war auch etwas Kleingeld für ein paar iMacs im Wartebereich übrig (siehe Foto).

Die Haupthalle des Terminals im "Hamad International Airport" (Doha)
Die Haupthalle des Terminals im “Hamad International Airport” (Doha)
Wartebereich im Terminal C (Hamad International Airport)
Wartebereich im Terminal C (Hamad International Airport)

Doha bei Nacht

Angekommen im Hotel vermittelte uns der Fahrer einen Bekannten, der bereit war, uns die Stadt zu zeigen. Gegen 21:00 trafen wir uns vor einem kleinen Supermarkt um die Ecke. Die Temperatur sinkt im September auch nachts nur selten unter 27 °C. Die drückende Luft war wirklich anstrengend. Durch die voll klimatisierten Autos und Gebäude war es ein ständiger Klimawechsel von gefühlten 16 auf 35 °C und zurück. Unser Hotel lag am Stadtrand, etwa auf halber Strecke zwischen Flughafen und “Altstadt”. Wobei man dort nirgends wirklich von einer “Altstadt” reden konnte. Alle historischen Gebäude wurden aufwändig für die erhofften Touristen restauriert und aufpoliert.

Souq Waqif
Souq Waqif

Durch den dichten und sehr hektischen Verkehr ging es zum “Souq Waqif”, einem historischen Markt, auf dem Tiere, Stoffe, Schmuck, Essen und vieles mehr angeboten wurde. Nach einem kleinen Rundgang ging es weiter zum “Museum of Islamic Art”, welches ebenfalls auf einer künstlichen Insel erbaut wurde. Es beeindruckte sehr durch seine Architektur, die traditionelle und moderne Stilelemente verband.

Museum of Islamic Art
Museum of Islamic Art

Im Hintergrund, auf der anderen Uferseite der Bucht, zeichnete sich bereits die glitzernde Skyline ab. Wie uns unser Fahrer erklärte, würde auf 200 Baustellen noch gearbeitet werden, obwohl die Kulisse schon jetzt mehr als beeindruckend war. Es fiel aber auch auf, dass die meisten Immobilien noch leer standen.

Leere Hochhäuser im neuen Zentrum von Doha
Leere Hochhäuser im neuen Zentrum von Doha

Die “Vision 2030”

Unter dem Projektnamen “Qatar National Vision 2030” wurde ein Entwicklungsprogramm verfasst, unter dem vor allem eine leistungsfähige Infrastruktur für den Wüstenstaat entstehen soll. Das lässt sich das Emirat etwa 50 Milliarden US-Dollar kosten. Unter anderem gehören dazu ein 325 Kilometer umfassendes Schienenverkehrsnetz, für das die Deutsche Bahn beauftragt wurde, ein 300 Kilometer langes regionales Metro-Netz und der weitere Ausbau des Flughafens, der bis 2020 50 Millionen Passagiere im Jahr durchschleusen soll.

Gastarbeiter

Neben diesen beeindruckenden Bildern, hat man natürlich auch die grausamen Geschichten über die vielen tausend Gastarbeiter im Kopf. Sie erhalten nur eine begrenzte Aufenthaltsgenehmigung und müssen oft unter menschenunwürdigen Bedingungen leben und arbeiten. Allein den Baustellen für die FIFA Weltmeisterschaft 2022 sollen laut dem Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB) 4000 Arbeiter zum Opfer fallen. Die Schere zwischen Arm und Reich könnte wohl nicht extremer auseinander gehen, wenn man sich vorstellt, dass die Gastarbeiter 88% der Einwohner des Emirats Katar bilden.

Fazit

Als erstes ist man natürlich mehr als überwältigt von den Dimensionen, in denen in diesem Land gedacht und geplant wird. Wenn man die noch vielen unvollständigen Baustellen vor Ort betrachtet, kann man eine gewisse Neugier nicht leugnen. Diese ganze so unrealistische, surreale Welt könnte mich zugegebenermaßen irgendwann noch einmal verführen, Doha ausgiebig zu besichtigen. Dabei muss man sich allerdings im Klaren darüber sein, für welchen Preis, nicht nur in monetärer Form, dies erreicht wurde. Am besten wäre es natürlich, wenn sich die Arbeitsbedingungen dort zum Besseren wandeln würden. Aber das bleibt wohl leider eine vergebliche Hoffnung.